Wolfgang Winkler

RSO und offenen Briefe

11. 5 2009

Es gibt mehrere Anfragen zum Thema, die alle gleichmäßig klagen aber nichts zu einer möglichen Lösung beitragen. Daher versuche ich hier zu argumentieren.

Friedrich Heer formulierte dereinst, dass die drei Säulen österreichischer Weisheit erstens die Neidgenossenschaft, zweitens die uneigennützige Gemeinheit und drittens eine gepflegte Charakterlosigkeit wären. Helmut Qualtinger meinte später an anderer Stelle, dass zum Österreichischen unbedingt auch "a schene Leich" gehört.

Genauso kommen mir die derzeitigen Versuche vor, mittels offener Briefe das RSO retten zu wollen.

Um nicht missverstanden zu werden: Ich finde es letztklassig von einer Gesellschaft bei Auftreten einer Krise als erstes an Kürzungen im kulturellen Bereich zu denken. Visionärere Politiker haben es meist fertig gebracht, gerade in Zeiten der Enge eine kulturelle Vision zu formulieren. Dem ersten Anschein nach macht der ORF im Moment genau das nicht. Er lagert das RSO aus oder, noch schlimmer, er löst es auf. Nur, man sollte die Gesamtsituation des öffentlich rechtlichen ORF mit ins Kalkül ziehen:
Die Politik balgt sich um den Einfluss auf dieses Unternehmen.
Die Finanzen gehen wie bei vielen ähnlichen Anstalten deutlich zurück, weil sich der Markt vom Monopolunternehmen zum Mitanbieter grundsätzlich geändert hat.
Natürlich kommt dazu, dass auch der ORF über die Jahre es verabsäumt hat, sich schlanker zu organisieren und auch damit Kosten zu sparen.
Und es geht außerdem nicht nur um das RSO, es geht auch um die Filmförderung, und das genau in dem Moment, in dem der österr. Film Aufsehen erregt.

Meiner Meinung nach wäre es sinnvoller, würde man dem ORF anbieten, konkrete Lösungen für das Orchester mit ihm gemeinsam zu suchen und nicht mit halbwahren Argumenten zu lamentieren.

Es wird behauptet, dass das RSO immer ein Medium für die österreichischen Komponisten gewesen wäre und schon allein deswegen sehr fehlen würde.
Ist das wirklich so?
Betrachtet man die Programmpolitik seiner Leiter angefangen von Gottfried Kraus bis Haide Tenner, so ist festzustellen, dass die österreichischen Komponisten nicht mehr zur Aufführung kommen wie bei anderen Orchestern auch. Die Produktionen von österr. Werken sind mehr oder minder ausgefallen. Wo bleibt da die Vertretung der österr. Komponisten? Die Programmpolitik war und ist auf den internationalen Klassikmarkt ausgerichtet.
Natürlich ist auch ein Grund, dass das Programm Ö1 Werke des 20. Jahrhunderts immer weniger in sein Programm aufnahm und wenn zu nachtschlafener Zeit, um den musikalischen Seelenfrieden des Ö1 Hörers nicht zu irritieren.

Wenn jetzt Vertreter des kulturellen Geschehens in Österreich wie z.B. Frau Helga Rabl-Stadler, in den Medien vom Kulturverlust sprechen, dann klingt das bedeutend. Wo aber bleiben konkrete Angebote an das RSO seitens der Salzburger Festspiele? Das eine Konzert scheint mir irgendwie pflichtschuldig und nahezu quotenregelt zu sein. Schließlich nimmt der ORF Konzerte der Salzburger Festspiele auf und sorgt damit auch für ein wichtiges Marketing der Festspiele.

Wenn bei einer ähnlichen Petition, initiiert von Paul Gulda, viele Menschen unterschreiben, stellt man doch mit Befremden fest, dass nahezu allen die Realität fremd ist. Kulturelles Wehklagen auf Distanz durch das Internet hat für mich etwas von der schönen Leich Qualtingers an sich.

Warum, Herr Professor, versucht man nicht Initiativen an den ORF zu richten, die unter Umständen wirklich dem Orchester helfen.
Analyse der Ist-Situation, wie schaut der Markt für Orchester in Wien und in Österreich aus, welche Einsatzmöglichkeiten gäbe es usw.
Es ist typisch, dass sich das Kulturministerium, wie Paul Gulda es schreibt, mit Kommentaren zur Situation völlig zurückhält und es ist auch typisch, dass Mailat-Pokorny als Kulturstadtrat von Wien sich nicht zur Debatte meldet. Ja, die Stadt Wien hat selbst ein Orchester und der Prozess, der rund um das RSO läuft, ist ORF-weit zu sehen und nicht als punktuelle, gezielte Attacke auf die österreichische Musik.

Sehr geehrter Herr Professor, ich bitte Sie also meinen Namen nicht auf diese Liste zu setzen. Umgekehrt aber biete ich Ihnen sofort an, meine Kontakte zum ORF zu aktivieren und im Sinne des oben Gesagten zu versuchen, die Situation klar zu analysieren und dann das Ergebnis mit dem Komponistenbund zu diskutieren.

Ich glaube ganz einfach, dass dieser Weg sinnvoller und unter Umständen effektiver wäre. Mit Ausdrücken der Betroffenheit werden wir alle nichts erreichen.

Mit freundlichen Grüßen


Ihr Kommentar in meinem Gästebuch....

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