Wolfgang Winkler

Musiktheater

Spuren der Verirrungen

7. 4 2013

„Die Spuren der Verirrten“ – so der Titel der Eröffnungspremiere des neuen Musiktheaters von Phillip Glass – weisen endlich zum Ziel. Lange Wege der Irrungen, lange Umwege in der Diskussion um ein neues Musiktheater sind ausgestanden.

Linz und OÖ eröffnen den neuen Stolz desKulturgeschehens diese Woche am 11. April 2013.

Die Freude ist berechtigt.

Berechtigt für die Menschen, die am Haus arbeiten und sich jeden Abend ihrem Publikum, vor und hinter der Bühne, präsentieren. Sie haben endlich eine Arbeitsstätte, die man als solche auch bezeichnen kann.

Berechtigt für das Publikum. Es kann in bester Qualität hören und sehen und dabei auch richtig sitzen.

Zur Erinnerung - man musste sich am alten Haus eine Opernaufführung unter Mühen ersitzen, hat entweder gut gehört oder gut gesehen. Opernfan zu sein war nicht immer ganz einfach. Größer gewachsene Menschen waren fast ausgeschlossen, wollten sie nicht ihre Gelenke riskieren.

Gut , dass die doch längeren Opern von Richard Wagner erst jetzt wirklich auf die Bühne kommen.

In leichter Abwandlung des Textes des Schlusschores aus dem Fidelio könnte man also formulieren: „ wer ein Ziel hat sich errungen, stimme seinen Jubel ein!“.

Schon, aber !

Nachdenklichkeit ist angebracht.

Wenn die Gesellschaft sich im Fernsehen bei der Eröffnung als Besucher erkannt und sozusagen als kulturell interessiert legitimiert hat - kommt sie auch später noch ins Theater?

300 Sitzplätze mehr pro Tag lautet das Angebot.

Der Tourismus tut was er kann, aber so elementar wird die Steigerung der Besucher in Linz nicht ausfallen, wenn die Neugierde erst einmal befriedigt ist. Deutsche Theater, und in Österreich ist es nicht wesentlich anders, haben eine durchschnittliche Jahresauslastung von ca. 73 %. Die gilt es mittelfristig zu erreichen.

Die Musiktheater der Welt gemeinsam spielen in erster Linie 30 Titel des Repertoires. In Deutschland kamen in der Saison 10/11 immerhin 576 x die Zauberflöte, 288 x Carmen, Rigolettonoch 64x zur Aufführung.

Phillip Glass bringt es weltweit auf 19 Aufführungen.

Anders ausgedrückt. Warum soll irgendwer nach Linz nur des Repertoires wegen kommen, es sei denn er kann etwas anderes, neues, besonderes sehen und hören - ein Linzer Profil und nicht einen Programm- Klon von Wien , Salzburg oder anderen.

Wo wird das Besondere des Musiktheaters in Linz sein außer, dass es jetzt neu ist.

Auf Finanzprobleme will ich hier nicht eingehen, obwohl sie auch zum Punkt Nachdenklichkeit gehören.

Ich höre LH Pühringer schon sagen, dass Kultur teuer ist, aber Unkultur viel teurer. Ein Satz , den Josef Ratzenböck geprägt hat, als er das Musikschulwerk verteidigen musste. Ein Satz, der wunderbar klingt und doch die Realität auch verleugnet.

Trotzdem: im Moment ist „wunderbar“ angesagt, wie eine Persönlichkeit am Neusiedlersee gerne sagt.

Aber nur wenn nach der Eröffnung nachgedacht wird

Ihr Kommentar in meinem Gästebuch....

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