Wolfgang Winkler

Befindlichkeiten

13. 2 2011

Immer öfter komme ich zur Erkenntnis, dass wir uns alle in einem Tanz um das goldene Kalb befinden - zumindest die, die sich etwas leisten können.
Österreich gehört zu den reichsten Ländern der Welt - trotzdem lebt ein bedeutender Teil der Bevölkerung mehr recht als schlecht an der unteren Grenze der Skala.
Die sich zu den Erfolgreichen zählen dürfen, legen manchmal ein Verhalten an den Tag, als ginge die Welt 2012 wirklich unter.

Beispiel:
Empfänge aller Arten in ganz Österreich.
Die so genannten VIPs bekommen freien Eintritt und nörgeln trotzdem über das Buffet, weil es vielleicht etwas schlichter angelegt ist, der Lachs nicht im Dialog mit Kaviar ist, der Hummer nicht in karamelisierter  Sauce schwimmt, einer Schöpfung der berühmtesten Haubenköche. 40 Stunden Kochfernsehen in der Woche auf allen Sendern können nicht irren.
Wissen die Betroffenen eigentlich noch, was sie am nächsten Tag - um aus der Tante Jolesch zu zitieren - "derscheissen" werden?

Beispiel:
Kultur und Kunst ist, was die Medien dafür halten. Wer, aus welchen Gründen immer von den Medien schon sanktioniert ist, darf fast alles und kommt auch medial penetrant vor. Ob das Lady Gaga oder Anna Netrebko ist, ist nicht relevant.
Vom Publikum heftig akklamiert, weil man sich das Nachdenken über Qualität ersparen kann, diese steht ja außer Zweifel, von den Agenturen umworben, weil das Geschäft zum  Selbstläufer wird. Die Veranstalter werden gezwungen, Preise zu akzeptieren, die jenseits aller Realität liegen - eine fatale Ähnlichkeit mit dem Sportbusiness.
Die Jungen, die Unbekannten werden totgeschwiegen. In ihnen läge die Qualität der Zukunft.
Auch eine Art der Kulturförderung eines angeblichen Musiklandes.

Beispiel:
die Fragwürdigkeit einer Qualitätsbewertung.
Thomas Bernhard hat Österreich, wohl aus Liebe zu genau diesem Österreich, immer wieder beschimpft und letztlich das totale Schweigen als Höchstrafe verordnet. Er wurde von Östereich denunziert und verurteilt.
Jetzt zu seinem 80. Geburtstag singt man ihm Lobeshymnen.
Der literarische Wert war wohl immer außer Frage, nur die Bewertung hat sich geändert.
Wandelbares, wankelmütiges und urteilssicheres Österreich.
Das gibt einigen Kabarettfiguren des öffentlichen Lebens eine Chance, letztlich doch noch in die Geschichte einzugehen.
KHG als Finanzjongleur hat eine reale Chance als Märtyrer der Finanzwelt zu einem Vorbild zu werden.
Lugner hingegen könnte doch noch die Nachfolge von Konrad Liessmann als Professor für Philosophie im Allgemeinen und der Unterhaltung, im Hinblick auf ihre psychosozialen Netzwerke im besonderen werden.
Das Menschlein Lugner in seinem Drang zur Selbstdarstellung ist nicht so schlimm, nur dass Österreich ihm mehrheitlich zuschaut, ist übel.

Und da wäre auch noch:
Alfons Haider, tanz einfach, mit wem du willst.
Nur dass der ORF damit Quote machen will, ist schlimme Verdrehung einer gesellschaftlichen Situation. Denn, und das weiß das Medium, es werden sehr viele Österreicher sabbernd vor Entrüstung, bei gleichzeitiger Geilheit im Inneren, vor dem Apparat sitzen.

Ihr Kommentar in meinem Gästebuch....

Copyright © Wolfgang Winkler 2003-2012. Webdesign: DCP.Gilligsberger. Protected and licensed under a Creative Commons License.